Nicaragua

Karin hat ihr Dengue Fieber halbwegs überwunden und am vorletzten Tag des alten Jahres fahren wir weiter nach Nicaragua. Wir betreten ein Land, das wir in unserer Jugendzeit nur aus der Presse kannten und zu dieser Zeit waren es Berichte über Bürgerkriege, Diktatur und Gewalt. Heute hat Präsident Ortega nach seiner Wiederwahl 2011 dem Land ein Gefühl von Stabilität gegeben und Wirtschaft und Infrastruktur erholen sich langsam von den verheerenden Folgen des Bürgerkriegs. 

Da die Wirtschaft stark abhängig von der Unterstützung Venezuelas ist, steuert das Land nach dem Tod von Hugo Chaves 2013 aber einer ungewissen Zukunft entgegen und ist immer noch eins der ärmsten Länder Zentralamerikas. Für Touristen hat Nicaragua einiges zu bieten und wir freuen uns darauf die Highlights zu entdecken. Der Grenzübergang ist chaotisch und völlig unübersichtlich, so dass wir zum ersten Mal einen Helfer nehmen die dort überall ihre Dienste für ein paar Dollar anbieten.  In Gegenrichtung, für die Einreise nach Costa Rica, stehen die Menschen in langen Schlangen vor dem Schalter und noch mehr haben sich auf Matratzenlagern häuslich eingerichtet. Für uns geht es Dank Helfer zügig voran und nach gut 2 Stunden sind wir durch und fahren erstmal an die Pazifikküste oberhalb von Juan del Sur, an den Strand von Marcella. In der Nähe der Ortschaften begegnen uns fast mehr Ochsenkarren als Autos und die Durchfahrt von Rivas wird zu einem Erlebnis der besonderen Art. Es ist fast kein Durchkommen, da die Marktstände die Straßen versperren und eigentlich nur Platz für Fahrradrikschas bieten. Aber wie durch ein Wunder zwängen wir uns mit MOMO durch das Gewusel. Stände werden auf die Seite geschoben und alle sind nett und freundlich, winken uns zu und freuen sich mit uns, dass wir es schaffen durchzukommen. Kurzzeitig stellen wir uns vor wie es denn wäre mit unserem Auto in München über den Viktualienmarkt zu fahren. Ob uns dann wohl auch alle so freundlich zu winken würden? 

Am Strand ist alles sehr eng und zugebaut und einfach nicht für unser Auto gemacht. Letztendlich parken wir für die Nacht bei einem Hotel 1km vom Strand entfernt. Für den Silvesterabend muss es doch noch was Besseres geben und so machen wir uns auf die Suche. Wir fahren eine unbefestigte Nebenstraße abseits der Hauptrouten. Hier leben die Leute in einfachen zusammengezimmerten Hütten und Ochse, Pferd und Mensch sind die primären Arbeitstiere.  Das Wasser wird noch aus Ziehbrunnen geholt und mangels Wäscheleine hängt die Wäsche über dem Stacheldrahtzaun. Vor vielen Hütten sitzen Stoffpuppen die am Silvesterabend traditionell verbrannt werden. Wir halten an zum Fotografieren und die Menschen freuen sich für und mit uns, dass wir hier vorbeikommen. Angesichts unseres Luxusgefährts, das im krassen Gegensatz zu der Lebensweise der Bevölkerung steht, ein für uns sehr schönes und zum Nachdenken anregendes Erlebnis. 30km weiter nördlich finden wir an der Playa Popoyo unseren Platz für den Jahreswechsel. Zwei Kanadier haben hier vor ein paar Monaten ein nettes Surf Hotel am Strand eröffnet. Das Hotel ist zwar wegen einer Hochzeitsfeier geschlossen, aber wir können uns davor direkt an den Strand stellen. Wir verbringen einen sehr romantischen Silvesterabend bei Kerzenlicht und mit einem tollen Sternenhimmel. So hatten wir uns das Jahresende schon eher vorgestellt.  

Der Platz ist zwar sehr schön, aber brütende Hitze, ein starker Wind und ständiger Sand in allen Ritzen vom MOMO und in all unseren Poren machen uns zu schaffen. Nach zwei Tagen fahren wir weiter zur wunderschön gelegenen Lagune Apoyo, einem Kratersee im Landesinnern. Wir stellen uns ans Hostel Paradiso, wo wir gerade so auf den Parkplatz passen. Das Hostel bietet alle Annehmlichkeiten und hat einen eigenen Badestrand und eine schöne Bar am Seeufer. Endlich können wir auch mal wieder in Süßwasser schwimmen, ein herrlicher Genuss. Momo bekommt eine Grundreinigung und wird vom Sand befreit. Ansonsten besteht unsere Tätigkeit darin, den Körper je nach Stand der Sonne in die richtige Position zu bringen und ihm regelmäßig eine Abkühlung im wohl temperierten Wasser der Lagune zu gönnen. 

Wir bleiben fast eine Woche und fahren dann weiter nach Granada, der ältesten Kolonialstadt in Nicaragua die 1524 gegründet wurde und am Fuß des Vulkans Mombacho liegt. Wir finden einen sehr zentralen Stellplatz beim Roten Kreuz und können von dort die Stadt gut zu Fuß erkunden. Es steht auch mal wieder ein Friseurbesuch an, wie immer auf unserer Reise ein Erlebnis der besonderen Art. Wir lassen uns meistens von unserer Intuition leiten und nehmen was uns von außen her zusagt. Meisten haben wir Glück, manchmal auch nicht. Aber das Gute an Haaren ist ja, dass sie wieder wachsen. Und für umgerechnet 5€ zu zweit kann man ja auch nicht wirklich meckern. Wir bummeln durch den schönen Stadtkern und machen eine Stadtrundfahrt mit einer Pferdekutsche. Die Kamera hat mal wieder gut zu tun, aber wir sehen auch außergewöhnlich viele Obdachlose, Bettler und Straßenkinder die Klebstoff schnüffeln. Im krassen Gegensatz dazu dann die Touristen Meile wo man an vielen Orten fürs Essen fast so viel bezahlt wie in Deutschland. Aber ehrlicherweise müssen wir auch sagen, dass das Steak im „El Zaguan“ eins der besten war, das wir seit langem gegessen haben. 

Weiter geht es zum Vulkan Masaya, wo man bis zum Kraterrand hinauffahren kann. Der Masaya ist der aktivste Vulkan in Zentralamerika und parken darf man oben nur in Fahrtrichtung damit man schnell wegkommt wenn der Vulkan ausbrechen sollte. Das ist jetzt kein Witz! Wir blicken in einen rauchenden Schlund und merken ziemlich schnell anhand von einem anhaltenden Hustenreiz warum Warnschilder darauf hinweisen sich nur maximal 5 Minuten direkt am Kraterrand aufzuhalten. Wir gehen ein paar Wanderwege rund um den Krater ab, aber Karin ist doch noch sehr schlapp und ein paar Meter den Berg hoch bringt sie noch ganz schön außer Atem. Dengue lässt grüßen und hallt wohl noch einige Zeit nach. Über Nacht können wir im Park auf dem Parkplatz stehen bleiben und sind nach 17:00 praktisch alleine, bis auf unseren eigenen Wachmann der mit seiner Shotgun gut auf uns aufpasst. 

In der Nähe von Leon verbringen wir ein paar schöne Tage auf der Ranch Los Alpes. Es ist ein wunderschöner Platz zum Entspannen und Axel, der Besitzer, verwöhnt uns des Öfteren mit köstlichen Kleinigkeiten, mal ist es ein Obstteller, ein anderes Mal ein leckerer Digestiv mit Rum. Aufgrund der großen Hitze sparen wir uns einen Stadtbummel in Leon und fahren weiter nach Esteli wo wir etwas außerhalb im öffentlichen Schwimmbad einen schönen Übernachtungsplatz finden. Am nächsten Morgen gönnen wir MOMO im Ort noch eine intensive Autowäsche während eine Express Wäscherei den Versuch unternimmt unsere Klamotten wieder sauber zu bekommen. Danach geht es weiter zum Somoto Canyon. Bis 2003 war Somoto nur eine verschlafene Kolonialstadt in Grenznähe zu Honduras bis zwei tschechische Wissenschaftler die Granitlandschaft des Canyons entdeckten. Entdeckung ist vielleicht etwas übertrieben weil man fairerweise sagen  muss, dass die Einheimischen den Canyon natürlich schon immer kannten. Nur wurde er bis dahin nicht vermarktet. Mittlerweile hat sich die umliegende Gemeinde zu einer Kooperative zusammengeschlossen, die Ausflüge in den Canyon organisieren und es ist schön zu sehen wie die Farmer sich hier zu durchaus angemessenen Preisen ein schönes Nebeneinkommen geschaffen haben.  Die Tour mit Führer dauert 4 Stunden und nachdem man zum Fluss hinunter gewandert ist geht es weiter über Stock und Stein, durchs Wasser watend, oder schwimmend und ab und zu mit kleinen Sprungeinlagen in tiefe Wasserlöcher, bis man dann wieder am Ausgangspunkt ankommt. Ein schönes Halbtagsvergnügen, das ich leider ohne Karin machen musste da sie sich immer noch nicht fit genug fühlt. 

In den nächsten Tagen überqueren wir nun die Grenze nach Honduras und fahren zügig weiter nach El Salvador. Für Honduras verspricht der Reiseführer eine 20mal höhere Mordrate als in USA und in El Salvador hat sich die Mordrate von 2014 auf 2015 verdoppelt. Wir werden Gas geben und weiter berichten. Bis dann. Hasta Luego. 

Und hier noch ein paar Schnappschüsse

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Kommentare: 5
  • #1

    Karin und Heiner (Montag, 18 Januar 2016 20:14)

    Ihr seid in Mittelamerika aber deutlich schneller unterwegs als in Südamerika?!
    Egal! Wo immer ihr euch ´rumtreibt, es ist soooo interessant eure Erlebnisse zu verfolgen.
    Gebt nur tüchtig Gas, um schnell die gefährlichen Regionen zu passieren, toi toi toi!!!
    Liebe Grüße aus dem winterlich verschneiten München

  • #2

    Hermann (Dienstag, 19 Januar 2016 21:23)

    Wünsche Euch eine gute Zeit und vielen Dank für tolle Bilder und lesenswerte Berichte! Liebe Grüße aus dem kalten Radolfzell

  • #3

    Elisabeth & Leo (Mittwoch, 20 Januar 2016 19:31)

    Danke für die schönen Bilder. Es ist immer schön von euch und eurer Reise zu lesen. Super!

  • #4

    Gaby und Rolf (Sonntag, 24 Januar 2016 00:35)

    Wir haben Euch bei Eurer Abfahrt am Cerro Verde kurz angesprochen. Wir fliegen Sonntag nach Nicaragua. In Honduras waren wir nur in Copan, ein schönes und sicheres Städtchen. Das gleiche gilt für Suchitoto in El Salvador.. Wir wünschen Euch eine gute Weiterreise.

  • #5

    Jürgen (Mittwoch, 27 Januar 2016 10:40)


    Der dreiundvierzigste:

    Bist du erstmal in Nicaragua,
    freust du dich am Strand auf das Neue Jahr!
    Das Kerzenlicht scheint,
    du hast nichts versäumt,
    Erlebnisse satt: Es war wunderbar!

    PP