Kanada - Der maritime Osten

Nachdem wir in Sault Saint Marie wieder nach Kanada eingereist sind fahren wir immer am Ufer des Lake Huron und der Georgian Bay entlang in Richtung Süden. 

Die Gegend ist wunderschön mit ca. 30.000 Inseln, aber um das alles richtig zu erkunden müssten wir MOMO gegen ein Boot eintauschen. Leider wird auch das Wetter schlechter und es regnet des Öfteren. Für uns sonnenverwöhnte Langzeiturlauber ein völlig ungewohntes Szenario auf das wir uns erstmal einstellen müssen. Langsam nähern wir uns der Mega Metropole Toronto und beschließen angesichts des Verkehrs auf einen Besuch zu verzichten und fahren lieber gleich weiter zu den Niagarafällen, eine Touristenattraktion die wir uns auf keinen Fall entgehen lassen wollen. Schließlich können 4 Millionen Besucher pro Jahr ja nicht irren. Die Horseshoe Falls auf der kanadischen Seite sind dabei unbestritten das beeindruckendste Erlebnis. Auf einer Breite von 675m stürzt das Wasser 54m hinab. Die American Falls sind dafür 2m höher, aber nur 328m breit. Die herabstürzenden Wassermassen verursachen eine riesige Gischtfontäne und man tut gut daran zur Besichtigung eine Regenjacke mitzunehmen. 

Danach sehnen wir uns auf jeden Fall wieder zurück nach Einsamkeit und steuern den Algonquin Nationalpark an, bekannt als Paradies für Kanufahrer. Dort bekommen wir Besuch von unseren Freunden Sigrid & Axel aus Radolfzell die 5 Tage bei uns bleiben. Leider ist das Wetter nicht wirklich schön und auch sehr windig, so dass wir nicht zu einer Kanutour kommen. Dafür erkunden wir die Gegend zu Fuß und haben jeden Menge Spaß zusammen. 

Während Sigrid & Axel wieder die Heimreise antreten fahren wir weiter nach Ottawa. Die kanadische Bundeshauptstadt hatten wir eigentlich gar nicht auf dem Zettel, aber sie gefällt uns auf Anhieb sehr gut. Zurzeit ist gerade eine Ausstellung mit wunderschönen Skulpturen die alle aus Blumen gefertigt sind. Wahrhaftig ein Meisterwerk der Botanik. Wir bewundern das fantastische Parlamentsgebäude und das Schloss ähnliche Hotel Chateau Laurier. Anschließend geht es nach Downtown ins Byward Marktviertel mit netten Restaurants und einem bunt gemischten Publikum aus aller Herren Länder. In der Hauptsaison wird dann abends auch noch das Parlamentsgebäude illuminiert und in einer Licht- und Ton Show die Geschichte Kanadas erzählt und aufs Gebäude projiziert. 

Wir fahren am Ufer des Stankt Lorenz Stroms entlang und machen unterwegs einen Stopp im Upper Canada Village, einem Museumsdorf das in seiner Struktur einer ländlichen Kleinstadt des 19ten Jahrhunderts entspricht. Kostümierte Dorfbewohner informieren die Besucher über die Lebensumstände in dieser Zeit.

Am ersten Montag im September ist Labour Day und damit wird in Kanada die Sommer Ferienzeit beendet. Das heißt aber auch, dass alle nochmal unterwegs sind und die Campingplätze und Parks der Umgebung bevölkern. Wir suchen uns rechtzeitig ein schönes Plätzchen am Fluss und verbringen drei relaxte Tage bis der Ansturm vorüber ist. Dann geht es weiter nach Quebec. Sowohl in der Provinz als auch in der gleichnamigen Stadt ist alles anders. Es wird Französisch gesprochen und sonst nichts. Basta. Wir suchen uns einen Stellplatz am Jachthafen und können von dort die Innenstadt bequem zu Fuß erreichen. Die Oberstadt ist komplett von einer Stadtmauer umschlossen und wird geprägt vom Luxushotel Chateau Frontenac und der Citadelle, die nach wie vor als militärisch aktive Kaserne in Betrieb ist. In der Unterstadt bummeln wir durch die kopfsteingepflasterten Gassen und zusammen mit den Cafes, den Malern und Straßenmusikanten kommt man sich vor wie in Frankreich. Am Sonntag schauen wir uns noch den Grand Prix de Quebec an, ein internationales Radrennen bei der die komplette Weltelite am Start ist und die halbe Stadt für den Verkehr gesperrt wird. 

Weiter geht es am Sankt Lorenz Strom entlang bis nach Tadoussac. Der Ort ist bekannt für seine Belugawale die hier ganzjährig ihre Heimat haben. Wir suchen uns einen ruhigen Platz am Fähranleger ein paar Kilometer weiter nördlich und können von dort aus ganz bequem die Wale und Delfine beobachten, die draußen ihre Kreise ziehen. Anschließend geht es mit der Fähre rüber ans Südufer und weiter bis Pointe-Au- Pere. Dort steht laut Reiseführer einer der fotogensten Leuchttürme der Gaspé Halbinsel und wir können direkt an der Kaimauer über Nacht stehenbleiben. 

Heute ist Regentag und wir stellen uns auf den Walmart Parkplatz in Campbellton und vertreiben uns die Zeit im Internet. Dort treffen wir auch Michaela und Richard die seit 3 Wochen mit ihrem Iveco unterwegs sind und das vor sich haben was wir in den letzten fünfeinhalb Jahren abgefahren sind. Der Regen hat sich wieder verabschiedet und weicht einem stahlblauen Himmel mit Temperaturen wie im Hochsommer. In Pointe-Sapin, einem kleinen Fischerdorf am Atlantik machen wir ein paar Tage Pause und genießen den einsamem Strand, Lagerfeuer Romantik und einen gigantischen Sternenhimmel. Ab und zu kommt ein Fischer zu einem Plausch vorbei und einer von ihnen, Ferdinand, hat uns wohl ins Herz geschlossen und bringt uns sogar ein paar Fischfilets im Austausch für einen Espresso mit. 

Es mangelt uns also an nichts, nur der Lobster fehlt noch, denn an diesem Abschnitt des Atlantiks ist gerade Saison. Wir müssen auch nicht lange suchen. Auf der gesamten Küstenlinie bis nach Prince Edward Island sind die Fangkörbe aufgereiht und in einem der zahlreichen Fischläden in Shediac bekommen wir zwei schöne, essfertige Lobster für 9 Euro das Stück. Bewaffnet mit einem Nussknacker machen wir uns gleich ans Werk und zerlegen fachgerecht unser Abendessen und spülen das Ganze mit einem Glas Wein runter. Schmeckt alles sehr lecker und nach mehr. 

Prince Edward Island, kurz PEI, ist die kleinste Provinz Kanadas und nur erreichbar über eine 12km lange Brücke, oder per Fähre. Wir bummeln durch die Innenstadt von Charlotteville und probieren so ziemlich alles was schwimmen kann, denn das ist hier reichlich vorhanden. Danach umrunden wir die Ostseite der Insel und finden wunderschöne Stellplätze in den Dünen. In Cavendish treffen wir die beiden Österreicher Christian und Monika die gerade mit ihrem 1017er zu einer mehrjährigen Weltreise gestartet sind. Wir verbringen einen netten und feuchtfröhlichen Abend miteinander bevor sich uns unsere Wege wieder trennen. War sehr schön mit euch und vielleicht kommt ihr uns ja in ein paar Jahren im Osten irgendwann entgegen. 

Leider ist das hochsommerliche Wetter schlagartig vorbei, Dauerregen setzt ein und die Temperatur fällt um gut 15 Grad. Aber schon nach zwei Tagen sind wieder blaue Flecken am Himmel sichtbar und es klart zunehmend auf. Wir verlassen PEI und fahren in Richtung Fundy Nationalpark in New Brunswick und besuchen kurz davor die Hopewell Rocks, eine Gesteinsformation die wie Blumentöpfe aussehen. In dieser Ecke ist der Tidenhub gut 10m und kann je nach Mondphase auch 12m oder mehr erreichen. Bei einem Spaziergang auf dem Meeresgrund bei Ebbe ist also ein Blick auf die Uhr sehr empfehlenswert. Wenn die Flut kommt, kommt sie mit einer Geschwindigkeit von über 20km/h und da nutzt wegrennen nichts mehr. Auf den Warnschildern wird für diesen Fall empfohlen sich einen bequemen Platz an der Steilküste oberhalb des Wassers zu suchen und dort 2-3 Stunden auszuharren. 

Weiter geht es nach Nova Scotia und dort erstmal an den Nordzipfel. Dort ist Cape Breton Island und der Cabot Trail. So gut wie jeder Kanadier den wir unterwegs getroffen haben hat uns gesagt, dass wir den unbedingt fahren müssen. Und in der Tat ist es eine sehr schöne und steile Straße die dem malerischen Küstenverlauf folgt. Wir machen eine schöne Wanderung auf dem Skyline Trail und genießen die fantastische Aussicht. Unterwegs finden wir immer wieder kleine Fischkneipen und Fischsuppe (Clam Chowder) und Muscheln in Weißweinsoße stehen fast täglich auf dem Speiseplan, aber zur Abwechslung gibt es dann auch mal Kaiserschmarrn. 

Über Sidney fahren wir bis nach Louisbourg. Dort wurde ab 1961 in einem sehr aufwendigen Projekt die alte Festungs- und Handelsstadt Louisbourg von 1750 komplett rekonstruiert und gilt als eines der aufwendigsten Projekte dieser Art und zieht jedes Jahr Hunderttausende von Touristen an. Kostümierte Soldaten, Kaufleute, Kneipenwirte und Gesindel mischen sich unter die Besucher und vermitteln ein sehr authentisches Erlebnis der alten Zeiten. Nur, dass ich dann an den Pranger musste fand ich nicht so toll. 

Nicht weit von Halifax liegt Peggys Cove, das Touristenziel schlechthin in Nova Scotia. In malerischer Umgebung steht hier der meist fotografierte und bekannteste Leuchtturm in Kanada. Wir kommen abends um halb sieben dort an und immer noch wimmelt es von Menschen die hier zu Hunderten von den Kreuzfahrtschiffen, die in Halifax anlegen, mit Bussen hierher gefahren werden. Für uns heißt das nun leider Wecker stellen und wir schaffen es tatsächlich am nächsten Morgen um 7:30 an Ort und Stelle zu sein. Alleine sind wir da allerdings auch nicht, aber die paar Leute sind überschaubar uns so gelingen tatsächlich auch ein paar Bilder ohne Menschen. Auf dem Parkplatz  treffen wir auch Tom & Petra aus der Nähe von München mit ihrem Steyr. Die Beiden sind vor einem Jahr nach Kanada ausgewandert und wollen nun in Cape Breton heimisch werden. Später kommen noch die beiden Schweizer Anita und Christian dazu die seit einem halben Jahr Nordamerika bereisen.

Angesichts des schönen Wetters machen wir ein paar Tage Fahrpause im Grace Island Provincial Park, erholen uns in der Hängematte und frischen die schon etwas verblassende Mexiko Bräune auf. Schweren Herzens machen wir dort auch schon einige Reinigungs- und Aufräumarbeiten im Hinblick auf die baldige Verschiffung. An der Küste geht es weiter bis in den kleinen Ort Mahone Bay der Anfang Oktober ganz im Zeichen der Vogelscheuchen steht. Fantasievolle selbst gebastelte Figuren schmücken dann den ganzen Ort. Ein eigenständiger Brauch unabhängig von Thanksgiving oder Halloween. Ganz in der Nähe liegt Lunenburg, ein 1753 von Deutschen, Schweizern und Franzosen gegründetes Städtchen in dem bis ins 19. Jahrhundert Deutsch als Umgangssprache gepflegt wurde. Heute ist davon leider nichts mehr übrig, wir haben’s ausprobiert. Aufgrund der gepflegten Holzhäuser aus dem 18ten und 19ten Jahrhundert und dem generellen baulichen Zustand der Ortschaft wurde Lunenburg zum Unesco Weltkulturerbe erklärt. 

Langsam kommt nun wirklich der Herbst und wir können doch noch etwas Indian Summer Feeling mitnehmen. Leider hat sich damit aber auch das schöne Wetter endgültig verabschiedet und ist in Dauerregen übergegangen. Wir machen noch einen Stopp im Kejimkujik Nationalpark, aber der Campingplatz im dichten Wald ist bei diesem Wetter feucht und kalt. Immerhin können wir eine kurze Regenpause für einen Spaziergang nutzen. Wir fahren weiter bis nach Digby an der gegenüberliegenden Seite der Bay of Fundy. Auch hier herrscht ein gewaltiger Tidenhub. Der Ort beherbergt eine der größten Jakobsmuscheln Fangflotten der Welt. Was bei uns eine kaum bezahlbare Delikatesse ist, steht hier in jedem Restaurant auf der Speisekarte und im Fischladen kaufen wir ein Pfund für 10 Euro.  

Wir machen noch einen kleinen Bummel durch Halifax und nehmen dann eine Airbnb Unterkunft bis zur Abreise. 

Fünfeinhalb wundervolle Jahre auf dem amerikanischen Kontinent gehen damit zu Ende. Wir sind vom südlichsten Punkt in Ushuaia bis zum nördlichsten Punkt am Eismeer gefahren und nun mächtig stolz auf das, was wir „erfahren“ haben. Nach einer kleinen Winterpause in Deutschland geht es weiter in die Ecken der Welt die wir noch nicht kennen. Ab Frühjahr 2019 werden wir wieder berichten.

Wir präparieren MOMO nun für die Verschiffung zurück nach Hamburg. Wie zu Beginn unserer Reise fahren wir auch diesmal mit dem Schiff mit und melden uns nochmal mit einem ausführlicheren Fazit wenn wir in Deutschland angekommen sind. Bis dahin viel Spaß beim lesen und Bilder anschauen. 

Und hier noch einige Schnappschüsse

Unsere Route - 5500 Kilometer

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Kommentare: 10
  • #1

    Elisabeth und Kurt (Donnerstag, 11 Oktober 2018 08:27)

    Wow super! Ihr habts geschafft und könnt auf eine lange und wunderbare Zeit zurückschauen!!
    Geniesst euren Winterurlaub zuhaus! Wir habens auch genossen fast ein ganzes Jahr unser “schweizer Ländle” und unsere Familie und Freunde mal wieder ausgiebiger zu sehen.
    Wir starten nun nächste Woche gemütlich Richtung Nordspanien, Portugal und Marokko und kommen an Ostern wieder zurück. Richtung Asien planen wir erst im 2020 zu reisen.
    Wir hören bestimmt voneinander.
    Herzliche Grüsse Elisabeth und Kurt

  • #2

    Martin Breadbx (Donnerstag, 11 Oktober 2018 08:40)

    Vielen Dank für die vielen tollen Bilder, wünsche weiter allzeit gute Fahrt :-)
    Lieber Gruss Martin

  • #3

    Marion Kabbe (Donnerstag, 11 Oktober 2018 09:46)

    Superschöne Bilder und wie immer ein warmherziger Bericht, danke dafür. Wir sind sehr gespannt: zum Einen, wie ihr es im kalten Deutschland aushaltet, zum Anderen: wie es weitergeht. Grüßle, Marion und Hartmut

  • #4

    Tobias Kurtenbach (Donnerstag, 11 Oktober 2018 10:05)

    Wow, grandiose Eindrücke!
    Vielleicht schaffen wir es uns zu sehen, wenn ihr im Lande seid? Köln hat auch ein paar schöne Ecken und Platz habe ich genug :-) Meldet euch mal!
    Viele liebe Grüße!

  • #5

    Peter.jugert@gmx.de (Donnerstag, 11 Oktober 2018 11:53)

    Hei Ihr Zwei. Hab die ganzen Jahre eure Berichte verfolgt und war jedesmal begeistert. Toll wenn man sich traut und mal was ganz verrücktes macht. Wenn ihr jetzt wieder nach Deutschland kommt führt euch euer Weg vielleicht wieder nach Radolfzell. Unser Haus steht euch jederzeit offen und es würden uns freuen wenn ihr uns besuchen kommt. Bis dann und gute Heimfahrt. Yogi

  • #6

    Jindra (Donnerstag, 11 Oktober 2018 14:16)

    Vielen Dank für das "Mitnehmen", es hat viel Spaß bereitet euch imaginär zu begleiten. Kommt gut zu Hause an, und bis bald, man liest sich!
    Viele Grüße, Jindra.

  • #7

    Petra Mester (Donnerstag, 11 Oktober 2018 16:25)

    Hey ihr zwei GLOBETROTTER , das war wieder ein toller Bericht mit super schönen Bildern.
    Fühlt euch geherzelt und gedrückt. Liebe Grüße aus Costa Rica �� Stefan,Mandu und Petra
    Und gute Heimfahrt...�

  • #8

    Horst Löser (Donnerstag, 11 Oktober 2018 18:48)

    wunderschöne Fotos gute Berichte, ich habe die Reise miterlebt. Glück ist, dass der Partner alles mitmacht. Hätte noch viele Fragen, wie z.B. was steckt Ihr in den Kochtopf?
    Gute Heimreise, vielleicht sieht man sich mal.

  • #9

    julia von der rappelkiste (Sonntag, 14 Oktober 2018 16:36)

    hallo ihr beiden,
    während ich den letzten bericht las, ward ihr schon auf offener see, nehme ich an.
    ich habe euch die letzten jahre durchgehend mit großem interesse und vergnügen verfolgt und bin gespannt, wie's weiter gehen wird.
    wie bekommt ihr euren lkw wieder nach deutschland hinein? ohne tüv etc? das würde ich gerne wissen.
    vielen dank für die gute unterhaltung und bis bald...
    julia

  • #10

    Jürgen (Dienstag, 06 November 2018 17:45)


    Der achtundsiebzigste:

    Die letzte Etappe in Kanada:
    Vielleicht mal französisch in Ottawa?
    niagara falls
    macht nass, doch was soll's,
    an der Pier denkt sich MOMO: Wie schön war's da!!

    PP