Kanada - Neufundland Teil 2 - 9. Mai bis 28. Mai 2024

Nachdem wir mit St John´s bis zum östlichsten Punkt von Kanada vorgedrungen sind müssen wir nun auch alles wieder zurück. Die Schönheit und Weite dieses Landes muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Der Trans Kanada Highway zieht sich zwar durchs ganze Land und ist eine schnelle Verbindung von A nach B auf der Hauptroute. Die wahren Juwelen liegen aber fern abseits des Highways und viele Stichstraßen führen in die entlegensten Winkel, die man dann auch wieder zurückfahren muss. Und überall sind Fjorde die sich dutzende Kilometer ins Landesinnere erstrecken und unzählige Seen, einer malerischer gelegen als der andere. Dazu kommen dann noch einige vorgelagerte Inseln von denen drei zu Frankreich gehören, mit Euro und allem was dazu gehört. Bei einer Rundreise in Neufundland legt man also tausende von Kilometern zurück. Aber es lohnt sich. Die Neufundländer sind sehr freundlich und hilfsbereit und wenn man sich schnell von seinem Oxford Englisch verabschiedet versteht man sogar was sie sagen. Hinzu kommt eine grandiose Landschaft. Und wenn man dann noch das Wetter so nimmt wie es kommt kann nichts mehr schiefgehen.

Wir machen uns also nun auf zum zweiten Teil unserer Neufundlandreise und verlassen St John`s. Die ersten 250 km machen wir Strecke auf dem Trans Kanada Highway, kurz TCH, und verbringen die Nacht in Charlottetown, einem kleinen Fischerdorf nicht weit von der Hauptstraße. Wir stehen mal wieder in erster Reihe direkt am Wasser und sogar die Sonne lässt sich ab und zu blicken. 

Nach weiteren 100 km biegen wir ab auf eine Nebenstraße die der Küstenlinie folgt. In Greenspond bleiben wir für die Nacht und nutzen das freie Internet von der Bücherei um unseren Reisebericht Online zu stellen. Am nächsten Morgen haben wir Minusgrade und Schneetreiben, aber nach einer Stunde setzt sich die Sonne durch und bei 5 Grad kann man ja schon fast von Sommer reden. Der Eisberg in Cape Freels ist zwar etwas weit draußen für gute Fotos, aber immerhin sehen wir mal wieder einen. 

Wir nutzen das schöne Wetter und setzen über nach Fogo Island. Die Insel misst gerade mal 25x14 Kilometer, hat ein beeindruckendes Küstenpanorama und die 2300 Einwohner verteilen sich auf vier kleine Fischerdörfer. Der Hingucker ist das Fogo Island Inn, ein den traditionellen Bootshäusern nachempfundenes Luxushotel mit 29 Zimmern. Es wurde 2013 eröffnet und wird seitdem in den entsprechenden Reisemagazinen vermarktet. Eine Nacht kostet $3000, dafür gibt es zwei Whirlpools auf dem Dach und eine große Außensauna. Rund um die Insel hat das Hotel einige Künstlerateliers aufgestellt in denen Kreative aus aller Welt malen. Wir stellen uns gegenüber in die Bucht und sehen kostenlos den gleichen Sonnenuntergang wie die Hotelgäste. Am nächsten Tag ist wirklich grausliches Wetter und wir machen einen Indoor Tag mit Kuchen, Pizza, Bier und Lesen.  

Der Regen von gestern ist Geschichte und bei Sonnenschein machen wir eine Inselrundfahrt zu den vier Dörfern und zu den Künstlerateliers. Diese sind 3 Jahre im Voraus ausgebucht und heiß begehrt. Wir unterhalten uns mit zwei Künstlern aus Toronto die hier 2 Monate verbringen und sich von dem Ort und der Umgebung inspirieren lassen und neue Techniken ausprobieren. In Tilting gibt es einen Schuppen mit einer urigen Einrichtung der Versammlungsort und Pub für die Dorfbewohner ist. Hier trifft man sich zu jeder Gelegenheit und trinkt Cola Rum on the rocks mit Eiswürfeln vom Eisberg. Leider ist der Besitzer gerade unterwegs, aber ein netter Tourguide lässt uns einen Blick hineinwerfen. Die Nacht verbringen wir unweit des Fähranlegers und am nächsten Morgen nehmen wir die 10 Uhr Fähre zurück aufs Festland. 

Die Inselwelt rund um die Notre Dam Bay gehört zu den touristischen Höhepunkten Neufundlands. Über Dämme und Brücken geht es bis nach Twillingate, der Iceberg Capital of the World. Leider hinterlässt der Klimawandel auch hier seine Spuren. Die Eisberge schmelzen schneller ab und was früher noch bis August zu bewundern war ist meist schon im Juni vorbei. Wir stellen uns ganz vorne ans Kap in der Nähe des Leuchtturms und machen eine schöne Küstenwanderung. Ganz in der Ferne sehen wir zwei riesige Eisberge, aber die sind mindestens 50km weit weg. 

In Brighton soll es einen schönen Eisberg geben und da müssen wir hin, sind ja nur 300km. Aber die Mühe lohnt sich. Nicht weit vom Ufer dümpelt ein stattlicher Eisberg in der Bucht und wir können aus allen Perspektiven schöne Bilder machen. Leider kann man zuschauen wie er dahinschmilzt und fast stündlich große Eisschollen abbrechen. 

Die Nacht verbringen wir in Springdale und laufen einen schönen Trail am See entlang. Morgens, beim Einsteigen ins Auto, rutscht Karin ab und verknackst sich den Fuß. Der schwillt in kurzer Zeit trotz Eispackungen zu einer beachtlichen Größe an. Das wirft unsere Planung ein wenig über den Haufen, denn unser nächstes Ziel ist der Gros Morne Nationalpark wo wir einige schöne Wanderungen machen wollen. Daraus wird nun erstmal nichts, aber quasi als Entschädigung finden wir einen Traumplatz kurz vor dem Park. Direkt am See gelegen mit Lagerfeuerstelle und einem Panorama wie man es aus den Reiseführern von Kanada kennt. Begleitet von Frosch Gequake, die gerade Frühlingsgefühle entwickeln, bleiben wir ein paar Tage zusammen mit Janet und Robert und hoffen, dass Karins Fuß besser wird. 

Der Gros Morne Nationalpark bietet ganzjährig grandiose Naturerlebnisse. Die Landschaft mit tiefen Tälern, steilen Felsen und tief in das Felsplateau eingeschnittenen Fjorden wurde in Millionen von Jahren durch eiszeitliche Gletscher geformt. Im südlichen Teil wurde vor 450 Millionen Jahren durch tektonische Verwerfungen eine Gesteinsschicht aus mehr als 10km Tiefe an die Oberfläche gehoben und steht nun als Gruppe kahler Berge inmitten des Grüns. Es handelt sich dabei um Peridodit das keinerlei Pflanzenwachstum ermöglicht. Bei herrlichem Sonnenwetter machen wir zu viert einen Ausflug zu diesen sogenannten Tablelands und laufen ein paar schöne Trails bis hinauf zum Lookout Point. Karin sonnt sich derweil am Auto und pflegt ihren Fuß, der langsam aber stetig abschwillt. 

Seit ein paar Tagen ist die Lobster Saison eröffnet und in Rocky Harbour kaufen wir uns im Fischmarkt essfertige Lobster für 11 Euro pro Stück. In einer Regenpause lassen wir uns die guten Stücke am Picknicktisch munden, während nebenan in der Laundry die Wäsche trocknet. Das Fleisch ist wirklich sehr lecker, aber mehr als einen kleinen Mittagssnack gibt so ein Teil nicht her. 

Ein Muss und das Highlight im Park ist eine Bootstour auf dem Western Brook Pond, ein ehemaliger Fjord der nach der Eiszeit vom Land abgetrennt wurde. Bis zu 600m hohe Felswände aus Granit und Schiefer ragen steil empor. In der Hochsaison werden hier bis zu 600 Besucher pro Tag durchgeschleust. Vom Parkplatz geht es 3km zu Fuß bis zur Bootsanlegestelle. Für Fußkranke wie Karin gibt es einen Fahrservice mit einem Golfkart. Am ersten Tag warten wir allerdings vergeblich, denn die Tour muss wegen Nebel abgesagt werden. Wir hoffen auf besseres Wetter und bleiben noch eine Nacht auf unserem schönen Platz am Meer. Am nächsten Morgen lacht die Sonne und wir machen uns erneut auf zum Fähranleger. Leider hatten wir es versäumt zu reservieren und das Boot war mit 99 Passagieren ausgebucht. Mit Platz 13-16 auf der Warteliste haben wir keine Chance und so fährt das Boot ohne uns ab und wir treten frustriert den Rückweg an.

Wir verlassen den Nationalpark und fahren zügig Richtung Norden bis zum Arches Provincial Park. Das Meer hat dort an mehreren Stellen große Bögen aus dem Kalkstein herausgespült und am Strand liegen unzählige verschiedenfarbige Steine die vom Abrieb rund geschliffen sind.

 

Und endlich sehen wir auch mal Wildlife. Wir dachten schon das gibt´s hier gar nicht. Immer mal wieder kreuzt ein Elch die Fahrbahn oder Karibus grasen am Straßenrand. Einmal besucht uns ein Elch sogar auf unserem Übernachtungsplatz und ist offensichtlich genauso überrascht wie wir.

Bei Flowers Cove lernen wir was über die Entstehung des Lebens. Direkt an der Küste liegen dort merkwürdige Felsgebilde. Die sogenannten Thromboliten sind lebende Fossile und bildeten vor Milliarden Jahren die Sauerstoff Atmosphäre auf unserem Planeten. Diese ersten Einzeller haben nur an sehr wenigen Orten auf der Erde überlebt und sind verantwortlich für die Entstehung von Leben auf der Erde. 

Wir erreichen St Anthony, die einzige etwas größere Ansiedlung im Norden von Neufundland wo wir nochmal unsere Vorräte auffrischen können.  Von dort aus geht es in die weit verzweigten Buchten wo man fast überall Eisberge sehen kann. Wir fischen uns eine Eisscholle aus dem Wasser und genehmigen uns später einen Drink mit Amarula aus Südafrika und Eiswürfeln aus Grönland.  

Aber unser Ziel ist der nördlichste Punkt mit der Wikinger Siedlung in L´Anse aux Meadows. Bereits vor 1000 Jahren haben die Nordmänner von Island kommend mit ihren Familien und mit Vieh in offenen Holzbooten den Atlantik überquert und mindesten einen Winter dort verbracht. Die Siedlung liegt auf einer großen Wiese am Meer und davor steht eine Statue von Leif Erikson, dem ersten Wikinger der der Saga nach hier landete.  Die Fundstätte wurde erschlossen und hat mit den Rekonstruktionen der alten Grassoden Häuser weitgehend ihr altes Gesicht erhalten. Ab Mitte Juni ist das Gelände ein Living Museum und als Wikinger kostümiertes Personal sorgt für eine authentische Atmosphäre. Das können wir leider nicht sehen, weil wir mit Ende Mai zu früh dran sind. 

Als krönenden Abschluss unsere 5-wöchigen Neufundlandrundreise gönnen wir uns eine Bootstour zu den Eisbergen. Mit 10 Passagieren geht es in einer kleinen Nussschale für zwei Stunden raus auf die raue See. Aber es lohnt sich. Der größte Eisberg den wir anfahren kann locker mit einem Mehrfamilienhaus mithalten und so nah dran zu sein vermittelt einem nochmal einen ganz anderen Eindruck. 

Neufundland war für uns einfach überwältigend. Selten haben wir so eine Freiheit genießen können wie hier. Ein Stellplatz war schöner als der andere und die Natur einfach gigantisch. Das wechselnde Wetter von Minusgraden und Schneefall bis hin zu sommerlichen Temperaturen von 20 Grad, und die 4000 gefahrenen Kilometer, nahmen wir dafür gerne in Kauf. 

Nun geht es 100 Kilometer auf dem Viking Trail zurück bis zur Fähre nach Labrador und von dort dann weiter über den Labrador Highway bis nach Quebec. Was wir dabei erleben erfahrt ihr dann wie immer im nächsten Blog. 

Unsere Route für diesen Reiseabschnitt - 2100 Kilometer

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Kommentare: 4
  • #1

    Margit (Donnerstag, 30 Mai 2024 18:26)

    Einfach nur schön…..
    Grüße Margit

  • #2

    Gisela Rohr (Donnerstag, 30 Mai 2024 20:43)

    Einzigartig!
    Gute Fahrt!

  • #3

    Sabine und Martin (Freitag, 31 Mai 2024 17:06)

    Tolle Bilder und Berichte – wir reisen mit ☺️, weiterhin eine schöne Zeit im Norden. Grüße aus dem Süden von Malawi

  • #4

    Agnes & Harold (Samstag, 01 Juni 2024)

    Tolle Runde habt ihr da gedreht!!!
    Aber, lieber Manfred, die blaue Hängematte haben wir vermisst.�