In San Jose de Chiquitos haben wir einen sehr schönen Platz im Garten eines Hotels gefunden mit allen Annehmlichkeiten der Zivilisation. Dies lässt uns das Schockerlebnis von der Einreise nach Bolivien und die ersten Erfahrungen mit Militär -und Polizeikontrollen schnell vergessen. Aber das Abenteuer geht weiter.
Nun gilt es als erstes das rechte Hinterrad, das nun zum dritten Mal platt ist, nachhaltig reparieren zu lassen. Wie an den Bildern zu erkennen ist finden wir auch gleich eine „first Class“ Werkstatt am Ortsrand die das Problem behebt.
Bleibt noch das Problem der Spritversorgung. Dazu muss man wissen, dass die Tankstellen in Bolivien oft keinen Sprit haben, oder einfach nichts an Ausländer verkaufen dürfen, und wir lernen sehr schnell was „no hay gasolina“ heißt. Wenn man Glück hat und die Schlange vor der Tankstelle kleiner als 1km ist kann es sein, dass man etwas bekommt, aber dann den dreifachen Preis der Einheimischen zahlen muss. Diese wissen das natürlich auch und machen daraus ein kleines Business. Unser Reifenmechaniker fragt uns also ob wir Sprit brauchen und wir einigen uns auf 100 Liter für umgerechnet 60€Cent/ltr, die er dann mit 20 Liter Kanistern und Schlauch mit Mundansaugung einfüllt. Für 100% Gewinnmarge kann man ruhig mal ein bisschen Diesel schlucken.
Nun, da das Auto repariert und die Spritversorgung sichergestellt ist, können wir etwas entspannen und besichtigen den Ort. Wir fühlen uns wie ins vorige Jahrhundert versetzt. Es gibt kaum befestigte Straßen und wenn es geregnet hat sind diese eine einzige Schlammpiste. Die Versorgung ist sehr rudimentär und es gibt nur das Nötigste. Nachdem wir verschiedene Metzgereien gesehen haben beschließen wir spontan in nächster Zeit auf Fleisch zu verzichten. Nur hinter einem kleinen vergitterten Fenster erspähen wir Wurst in einer Kühltruhe die aussieht wie Lyoner. Wir wollen reingehen aber auch die Tür ist vergittert und verschlossen. Wir denken schon, Pech gehabt, Siesta, aber da tut sich plötzlich doch was im Laden. Aber es wird nun nicht etwa aufgeschlossen, nein, wir werden durchs vergitterte Fenster bedient. Da auch die Bäckereien nicht wirklich was hergeben backen wir unser Brot nun selbst und lassen es uns in der Hängematte gut gehen.
Nach einigen sehr entspannten Tagen in unserem schönen Hotelgarten fahren wir weiter. San Jose de Chiquitos liegt am Anfang der sogenannten Missionsroute. Diese Chiquitos Reduktionen waren jesuitische Missionsdörfer. Die meisten wurden um 1750 gegründet und die Restaurierungsarbeiten größtenteils mit deutschen Spendengeldern finanziert. Die Anlagen sind fast immer gleich. Um einen quadratischen Versammlungsplatz mit einem großen Kreuz in der Mitte liegen an 3 Seiten die Wohnhäuser mit zum Teil wunderschönen Innenhöfen und an der vierten Seite steht die Kirche mit separatem Glockenturm und den Nebengebäuden. Wegen der spezifischen Architektur der Kirchenbauwerke erklärte die UNESCU diese zum Weltkulturerbe.
Vor uns liegen mal wieder gut 400km unbefestigte Straße für die wir kurz hinter San Jose auch noch 2€ Straßengebühr zahlen müssen. Bei über 30 Grad quälen wir uns 130km über eine knüppelharte Erdpiste zu unserem ersten Stopp in San Rafael. Die Fahrt ist so anstrengend, dass wir uns halbstündlich mit Fahren abwechseln, und jeder akribisch die Zeit stoppt bis zum nächsten Fahrerwechsel. Wir übernachten am Dorfplatz in San Rafael vor der Kirche und haben wieder nette Gespräche mit den Einheimischen. Am nächsten Tag geht es weiter über Santa Ana nach San Ignacio. Die Piste ist nun sandiger und weicher und nicht mehr ganz so anstrengend. Wir besuchen Christa & Horst, ein Deutsch/Schweizer Ehepaar, und bleiben über Nacht vor deren Haus stehen. Beide wohnen seit 40 Jahren in Bolivien und können endlos erzählen. Christa hat ein Buch über Auswanderer geschrieben und wir verbringen einen sehr schönen und amüsanten Abend mit kostenlosen Lesungen. Wenn ihr mal wieder richtig lachen wollt, und gerne Geschichten in Versform lest, möchten wir euch an dieser Stelle das Buch wärmstens empfehlen. Ihr tut damit auch noch was Gutes und unterstützt mit dem Erlös die Straßenkinder in Santa Cruz. "Lieb Vaterland ade". Christa Frei-Schulz, ISBN: 978 373 222 6665. Kostet 9,80€ bei Amazon.
Weiter geht es über Concepcion und nach einigen Tankstellen mit „no hay gasolina“ bekommen wir nach 30min Schlange stehen tatsächlich 100 Liter zum 3-fachen Preis von ca. 1€/ltr. Kurz danach finden wir an einem See einen schönen Campingplatz und nisten uns dort ein. Es ist ein traumhafter Platz mit Lagerfeuerstelle und relaxen in der Hängematte, und abends werden wir regelmäßig um die gleiche Uhrzeit von 2 Tukanen besucht. Alles super sollte man meinen, aber irgendwelche Fliegen, oder ähnliches Fluggerät das wir nicht sehen können, verwandelt unsere Beine in kürzester Zeit in eine Kraterlandschaft. Als dann der Juckreiz immer stärker und die Nächte dadurch zwangsläufig immer kürzer werden nehmen wir nach 4 Tagen reiß aus und hoffen auf weniger Getier.
Wir wussten ja da noch nicht, dass es noch schlimmer kommen kann. Es ging damit los, dass nach dem Anlassen von MOMO zwei rote Lampen brennen die dort nicht hingehören. Nach kurzer Analyse und einem erfolglosen Reparaturversuch bei brütender Hitze und umschwirrt von gefühlten 3 Millionen Stechmücken war klar, die Lichtmaschine ist hin. Wir entschlossen uns dann die 250km nach Santa Cruz zu fahren und dort Hilfe zu suchen. Beim Losfahren war dann auch noch das Gaspedal schwergängig und blieb bei Vollgas meistens hängen. Nach 50km standen wir aber erst mal im Stau, unsere erste Straßenblockade. Dazu muss man wissen, dass in Bolivien jederzeit und sehr oft Straßen von Demonstranten blockiert werden um irgendwelche Forderungen durchzusetzen. Diese kann dann mitunter Tage, oder auch mal eine Woche andauern. Ausweichen ist meistens nicht möglich weil es keine anderen Straßen gibt. Um was es dabei genau geht weiß man nicht. Wir hatten auf jeden Fall Glück, denn nach einer guten Stunde ging es weiter. 100km vor Santa Cruz ging die bis dahin geteerte Straße plötzlich in eine Erdpiste über und nach weiteren 30km standen wir vor dem Rio Grande, aber was fehlte war die Brücke. Die Straße führte, mit Holzpfählen gekennzeichnet, durchs ca. 1km breite schlammige Flussbett und zum Schluss dann durchs Wasser auf zwei Schwimmpotons bevor wir dann, nach Bezahlung von 10€, auf der anderen Seite wieder festen Boden unter die Füße bekamen. Leider existieren nur 3 Bilder von diesem Abenteuer da ich voll und ganz mit dem Fahren beschäftigt war und Karin, dem Herzinfarkt nahe, vor lauter Aufregung die falschen Knöpfe an der Kamera gedrückt hat.
Wir sind dann kurz vor Santa Cruz auf einen Bauernhof gefahren der von einem deutschen Ehepaar betrieben wird, die schon seit 30 Jahren in Bolivien wohnen. Die waren sehr nett und hilfsbereit und haben uns auch einen Mechaniker besorgt der die Lichtmaschine repariert hat. Das ging dann so, dass am Montagmorgen plötzlich ein Mann zu Fuß mit einem kleinen Werkzeugkoffer ankam und die Lichtmaschine ausgebaut hat. Die hat er dann geschultert und ist wieder weggelaufen. Nach zwei Stunden kam er dann mit dem reparierten Teil wieder und hat es eingebaut. Bis jetzt läuft`s… Das Gaspedal konnten wir dann selbst richten. Entspannt und froh, dass alles wieder läuft, sitzen wir beim Mittagessen vor unserem Auto als wir plötzlich bemerken, dass Wasser aus der Kabine raustropft wo es eigentlich nicht tropfen darf. Es stellte sich heraus, dass der Überlauf des einen Wassertanks abgebrochen war und beim Fahren das Wasser rausschwappte. So verbrachten wir dann den Nachmittag mit der nächsten Reparaturaktion, nicht ohne des Öfteren daran zu denken wie schön es doch war als wir in grauer Vorzeit entspannt zu Hause in unserem Wohnzimmer saßen und die einzige Sorge das abendliche Fernsehprogramm war.
Wir hatten nun genug vom Tiefland, der Hitze, dem Staub, Lärm und Dreck, mussten auf unserem Weg in die Berge aber noch Santa Cruz durchqueren. Santa Cruz ist Drogenmetropole und es herrscht eine sehr hohe Kriminalitätsrate die geprägt ist von immer brutaleren Überfällen mit Waffengewalt. Entsprechend hoch ist auch die Polizeipräsens. Aber wir sind mit 2 Stunden Fahrzeit und ohne Kontrollen relativ gut durchgekommen. Schon 50km hinter Santa Cruz beginnen die Berge. Das Landschaftsbild ändert sich komplett und erinnert uns an das Alpenvorland. Wir fahren bis auf 1600m nach Samaipata. Der Ort wurde einst von Che Guevara überfallen und der Polizeiposten ausgehoben. Wir besichtigen die Felsenruinen „El Fuerte de Samaipata“, UNESCU Weltkulturerbe, und machen eine schöne, geführte Wanderung in den Amburo Nationalpark bis auf 2500m Höhe, inklusive einer angriffslustigen Giftschlange auf dem Weg, so dass unser Führer kurzerhand für uns einen neuen Weg mit der Machete bahnen muss.
Wir stehen nun für einige Nächte auf einem schönen Campingplatz in Ortsnähe und genießen die frische Bergluft und die Natur und den Erfahrungsaustausch mit anderen Reisenden bevor es dann weitergeht nach Sucre, der Landeshauptstadt. Dort müssen wir bei der Polizei unser Visa und beim Zoll unser Auto verlängern lassen, da wir bei der Einreise nur 30 Tage bekommen haben. Aber über dieses Abenteuer, und was wir sonst noch so alles in diesem abwechslungsreichen Land erleben, berichten wir dann im nächsten Blog. Hasta luego.
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Africalex (Samstag, 20 Juli 2013 20:28)
Hallo ihr beiden,
also das sind die Abenteuer, von denen wir jetzt noch träumen.
Gut 3 Jahre sind's noch - aber dann.....
Wir wünschen euch noch viele schöne Erlebnisse auf eurer "Abenteuerreise". Und DANKE Manfred für Deine Tipps bisher.
Viele liebe Grüße aus Nordhessen
Alex (Africalex) und Tamara
Manni und Margit (Samstag, 20 Juli 2013 21:39)
Hallo Ihr Abenteurer. Toller Bericht und super Bilder. Beeindruckend. Übrigens: solche Plagegeister (Mücken) haben wir auch millionenfach. Wie schön wäre das Leben ohne die Plagegeister.
Gruß und weiterhin alles Gute und keine weiteren Reifenpannen.
Margit (Samstag, 20 Juli 2013 21:56)
Hallo ihr zwei.
Bei einem kühlen Glas Rose habe ich euren neuen Reisebericht gelesen und über eure tollen Fotos gestaunt. Ist schon beeindruckend was ihr so erlebt. Toll dass nun alles wieder repariert ist. Alles gute weiterhin und wir freuen uns auf die nächsten Berichte.
Liebe Grüße Margit
Bernd (Samstag, 20 Juli 2013 23:58)
Mal wiedr schön von euch zu lesen. Schöner interessanter Bericht und tolle Bilder.
Weiterhin eine gute Reise und vor allem Gesundheit.
Bernd
Bernhard (Sonntag, 21 Juli 2013 10:55)
Hallo ihr beiden,
Das sind ja nun wirkliche Abenteuer: diese Flussüberquerung hatte es ja wohl in sich ..... Eine vielleicht dumme Frage: was sagt euer navigationsgerät zu solchen Strecken ? Aber nach solchen Überraschungen gibt es ja doch auch immer wieder beschauliche Stellen wie die Missiones. Weiter eine gute Fahrt !
Grüße von Bernhard und Regina
Karin und Heiner (Sonntag, 21 Juli 2013 16:35)
Oft beneiden wir euch, dann denken wir wieder: oh weh, das möchten wir jetzt nicht unbedingt mitmachen...
Aber, es ist klar, dass ihr nicht nur "Urlaub" habt, denn es ist ja auch irgendwie Alltag bei euch und schwierige Situationen gehören - wie in jedem Alltag - auch dazu.
Wenn wir dann lesen, dass ihr auch sehr viele schöne Erlebnisse hattet, freuen wir uns natürlich umso mehr :)
Liebe Grüße aus dem sommerlich heißen München
Karin und Heiner
Jürgen (Sonntag, 28 Juli 2013 21:44)
Der fünfte:
Statt bolivianischer Parkgebühr:
Attacken von allerlei Stechgetier!
Doch das ist uns schnuppe,
denn lecker die Suppe:
Dank Potje und heftigem Umgerühr!
(wieso kann Manfred die Lichtmaschine nicht mit Bordmitteln reparieren? Licht gibt's doch genug. Also einfach bei der Kaffeemaschine den Kaffee ersetzen durch ......)
PP
Anne (Donnerstag, 15 August 2013 12:54)
Hallo ihr Zwei,
ich freue mich immer wieder von Euch zu hören und lese mit Begeisterung Eure sannenden Einträge. Manchmal wäre ich gerne dabei, aber ich genieße es auch, Euch auf der Karte zu begleiten. Ich wünsche Euch weiterhin viel Glück, Freude und Abenteuerlust. Liebe Grüße, Anne